Jahresrückblick

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und an der Stelle lohnt sich immer wieder ein kurzer Rückblick darauf, was das Jahr gebracht hat. Da die Zielgruppe hier hauptsächlich Technikinteressierte sind, werde ich ein besonderes Augenmerk auf die technischen Errungenschaften des Jahres legen.

Das Jahr in Software

Text-KIs

Am wohl eindrücklichsten und beeindruckendsten hat mich dieses Jahr die Welt der Large Language Models begleitet. Noch vor etwas über einem Jahr hätte ich nie gedacht, dass KIs mal in der Lage sein werden, so gut menschliche Sprache zu imitieren und damit einen großen Schritt vorwärts zur  Vermenschlichung von Software und Mensch-Maschine-Interaktion zu machen. Wenn dir das jetzt alles nichts sagt, hier 3 wichtige Punkte:

  1. Es ist beinahe überall möglich LLMs auszuprobieren und als Gesprächspartner zu nutzen (super um die eigenen Gedanken zu sortieren). Der Platzhirsch ist aber noch ChatGPT.
  2. Achtung, weil die Sprache so menschlich klingt, neigen wir dazu der KI Kompetenz zuzusprechen, die sie nicht hat. Ich habe dem Konzept den Namen "Fall der Vertrauens-Hirn-Schranke" gegeben. Nur weil es gut klingt, muss es nicht stimmen, KIs machen keine Fakten-Checks
  3. Text-KIs sind in meinen Augen eine Wunderwaffe der Kommunikation, weil du E-Mails und Texte so emotional schreiben kannst, wie du sie gerade denkst und fühlst und dann die KI bitten kannst, den gleichen Text nochmal sachlich neutral widerzugeben.

Bild-KIs

Die Fähigkeit Text zu Bild werden zu lassen, ist für mich ein Game-Changer. Meine künstlerischen Fähigkeiten sind mit "limitiert" sehr wohlwollend umschrieben. Selbst bei Skizzen, fällt es mir schwer mittels der Zeichnung zu kommunizieren, was ich möchte. Ich kann Worte. Auch wenn der vorherige Satz das nicht vermuten lässt. Das heißt ich kann in Zukunft viel einfacher mit Menschen über Konzepte sprechen, die die KI für mich visualisiert hat, und klarer rüberbringen, was ich meine, besonders gegenüber Menschen, die mehr Wert auf Visuelles setzen.

Das führt zu der Frage: Ersetzt dass dann den Illustrator, der Logos entwirft oder Präsentationsslides designt? Und für mich ist die Antwort ein klares Nein. Design und Kunst ist Kommunikation und die KI die Bilder generiert kennt die zugrundeliegenden Regeln nicht. Für mich ergänzt es vielmehr die Kommunikation mit entsprechenden Expert:innen, um schneller zu einem Ziel zu kommen, das ich mir vorstelle.

Nichtzuletzt ist auch die Nutzung von bildgebenden KIs stark umstritten, weil die Trainingsdaten oftmals nicht lizensiert sind.

Wir haben KI zuhause

Das ist das nächste was mich völlig überrascht hat. Diese unglaublich fähigen LLMs laufen auch bei mir zuhause auf mittelpreisiger Endverbraucher-Hardware. Ich brauche kein Rechenzentrum, um im KI-game mitspielen zu dürfen. Und (zumindest für englische Sprache) die Qualität ist vergleichbar. Im Folgenden habe ich ein paar Links für dich gesammelt, wenn du das auch ausprobieren möchtest. Die beiden ersten Links sind deutlich einfacher zu bedienen, haben aber auch kleine Einschränkungen. Wenn du dir hier eine Anleitung zu einem der KI-Themen wünschst, lass es mich gerne per E-Mail an info@ wissen.

Es gibt auch noch viele viele mehr, jede Aussage, die aktuell zu generativen KIs getroffen wird ist zum Zeitpunkt der Aussprache bereits veraltet.

Ich lasse programmieren

Mit den Sprach-KIs sind auch Coding-Assistenten aufgekommen, die in meinen Händen sehr tauglich sind und ich programmiere nicht mehr ohne Copilot. Nicht weil ich es nicht könnte, sondern weil ich es nicht mehr möchte. Es macht mir viel mehr Spaß über Code-Struktur und -Logik nachzudenken und das Programm zu konzipieren, bzw. zu erfinden, als das eigentliche Tippen des Codes. Und Copilot hat sich binnen kürzester Zeit so gut an mich angepasst (in Wahrheit ist es vermutlich genau andersherum), dass ich die ganze langweilige Tipparbeit nicht mehr machen muss und dort eingreife, wo es komplex wird. Mir macht Programmierung seitdem vielmehr Spaß und da hab ich den Geschwindigkeitsgewinn von 150% oder mehr noch nicht erwähnt. Das war für mich die einflussreichste Software-Neuerung aus 2023.

Das Jahr in Hardware

Das Disco-WC ist ruhiger geworden

Es gibt nicht immer nur Erfolgsgeschichten. Die Discobeleuchtung, die ich mit ein paar ESPs und einem Raspberry Pi gebaut habe (siehe Mosquitto-Reihe), funktioniert seit Februar nicht mehr. Im April habe ich dann auch herausgefunden, warum. Die Zertifikate auf dem ESP für die RFID Karten waren abgelaufen und mir ist schlagartig klar geworden, warum sichere Netzwerkkommunikation auf Mikrokontrollern ätzend ist. Ich müsste den ESP aus dem Gehäuse friemeln, den Code wiederfinden, neue Zertifikate erstellen, alles neu flashen und wieder anschließen. Dabei gibt es hunderte mögliche Fehlerquellen und unter einem Tag Zeit brauche ich es nicht versuchen, weil ich ohne genug Zeit für Troubleshooting im Zweifelsfall ganz ohne Licht im WC dastehe. Also ist es seitdem auf einem Beleuchtungsmodus fest und kann nur übers Webinterface verändert werden, aber nicht mehr über die RFID-Karten. Schade, aber im Moment kann ich mir die Zeit dafür nicht nehmen.

3D Modellierung Generator

Meine Devise (und so sind auch viele Posts auf diesem Blog entstanden) lautet ja: Wenn ich es selber gebaut habe, habe ich es auch verstanden. Und so habe ich mir in den Kopf gesetzt mal einen eigenen Motor/Generator zu bauen. Ich habe auch schon lange starke Magnete und Kupferlackdraht hier und habe mehrere Anläufe gehabt ein Gehäuse zu modellieren, um die Magnete und Spulen unterzubringen. Bisher ohne Erfolg aber mit circa 200 Stunden und 2 Kilogramm Filament Einsatz. Ich wusste so viel: Ein wechselndes magnetisches Feld induziert Strom in Kupferdraht. Und dann habe ich losgebastelt. Mein weitestes Design war eine bewegliche innere Trommel mit abwechselnd gepolten Magneten auf dem Umkreis und eine äußere stationäre Trommel mit den Spulen (lies: der einen Spule, die ich gewickelt habe, um es auszuprobieren). Die Ausbeute war eine Spannung von 0,31 Volt, wenn ich die Magnettrommel wirklich schnell gedreht habe. Danach habe ich noch etwas recherchiert und wie es scheint waren meine Abstände alle schlecht. Magnete zu weit von den Spulen entfernt, Magnete zu nah nebeneinander, sodass die beiden Arme der Spule nicht zeitgleich entgegengesetzte Polung hatten usw. Lange Rede kurzer Sinn, das ist noch nicht fertig und wenn es das ist schreibe ich vermutlich darüber, für den Moment habe ich aber die Strategie gewechselt und werden die Spulen in eine Scheibe einlassen und eine zweite Scheibe mit Magnete darüber drehen lassen (Axial), sodass ich den Abstand zwischen Spule und Magnet stark verringern kann und es leichter ist, die Seitenabstände der Magnete auf die Spule anzupassen. Work in Progress.

Zum Modellieren benutze ich übrigens immer openSCAD da definiert man seine 3D Geometrie ausschließlich über Code (Ich nenne es immer liebevoll LaTeX für 3D-Modellierung).

ePaper-Bilderrahmen

Ein guter Freund und Arbeitskollege hatte dieses Jahr runden Geburtstag und er hat immer davon gesprochen, eine Anzeige zu basteln, die seine Geschäftsdaten zusammenfasst und die er sich ins Büro hängen kann. Kurzer Hand haben wir mit einer handvoll Leute beschlossen, diese Idee auf ein ePaper-Display zu bringen und in einen schönen Bilderrahmen zu fassen.

Mein Part war dabei hauptsächlich die Programmierung, aber da es Hardwarenahe Programmierung ist, steht es unter Hardware. Das Spannendste an dem Projekt war, dass der Bilderrahmen an einem ganz anderen Ort zusammengebaut wurde mit einem 7,5" ePaper Display von Waveshare als ich den ESP und die Anschlüsse gebaut habe. Das heißt erst am Tag vor dem Geburtstag als wir uns alle getroffen haben, konnten wir die Komponenten zusammenstecken und sehen, ob es funktioniert.

Stellte sich heraus, dass die Anleitung für das Display die im Bild sichtbaren 8 Pins beschrieben hat, in der Lieferung aber die neue Revision mit 9 Kabeln ankam. Denn die neue Generation Display-Controller hat jetzt einen PWR Pin mit dem man das Display an- und ausschalten kann. Wir haben dann also mit Lötkolben im Hotelzimmer noch fix die Platine repariert/erweitert. Das Geschenk ist super angekommen, ich kann hier natürlich nur den Rahmen ohne Daten posten. Das Bild war der allererste Wurf, danach hatten wir nur noch Bilder mit Daten auf dem ePaper.

Das ePaper sieht super aus in dem Rahmen, die Refresh-Zyklen sind aber erstaunlich lang, das hatte ich unterschätzt und wenn man nur ein Partial-Update auf eine Fläche macht, sind in der Querformat-Orientierung trotzdem alle Pixel oberhalb und unterhalb (selbe Spalte) leicht betroffen und es kommt zu Schlierenbildung. Ansonsten sehr cooles Display.

Wir haben Solar zuhause

In einem Anflug von "wie schwer kann das eigentlich sein" habe ich mir 50 Solarzellen auf Aliexpress gekauft und das passende Lötzeug. Holy Shit, die Dinger sind zerbrechlich. Ich hab jetzt aber mein erstes eigenes Solarpanel im Bilderrahmen mit 4 - 16 V Spannung je nach Sonneneinstrahlung. Es erfüllt im Moment keinen Zweck sondern hängt nur als Deko an der Wand, aber ich weiß jetzt wie das geht und worauf ich achten muss, wenn ich die restlichen Zellen mal irgendwo verbaue.

Es ist nicht super schön, aber es ist meins :D

Zahlen/Daten/Fakten

  • Dieser Blog hatte dieses Jahr knapp 21.000 Besucher:innen.
  • Davon ~16.000 über Suchmaschinen.
  • Durch deine Unterstützung mit Amazon Affiliate-Links habe ich €81,15 vereinnahmt.
  • Über ko-fi haben mich 5€ erreicht.
  • Dieses Jahr war wild, denn es gab nur 4 Blogposts (diesen hier mit eingeschlossen).
  • Ungefähr 25 Tassen Kaffee sind in die Erstellung der Blogposts geflossen (pun intended).
  • Der Monat mit den meisten Aufrufen war Januar.

#2023Wrapped

Das war im Überblick mein Jahr 2023, wie gesagt mit Fokus auf Tech-Themen, es gab natürlich noch viel mehr. Ich wünsche dir frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Wenn du Themenvorschläge für diesen Blog fürs nächste Jahr hast, schreib mir gerne eine E-Mail an info@ oder schau auf meinem Discord-Server vorbei und schick mir die Vorschläge dort.