Feedback (an)nehmen – Die Königsdisziplin

Feedback (an)nehmen – Die Königsdisziplin

Es gibt Quellen die sagen: "Nach Feedback sagst du danke und hältst dann die Klappe." Aber ganz so simpel ist es nicht. Worauf kommt es an beim Feedback-Nehmen?

Als zweiter Teil der Reihe Feedback beleuchtet dieser Blogpost die Seite, auf der du Feedback bekommen möchtest, und was du tun kannst, um das Erlebnis zu optimieren. Wie du selber besseres Feedback geben kannst, erfährst du hier.

Nach Feedback fragen

Zunächst einmal ist es wichtig, dass du sinnvoll nach Feedback fragst. Dafür muss dir selbst klar sein, zu welchem Zweck du Feedback hören möchtest. Ein paar Beispiele:

  • Weil du die Außenwirkung deiner Präsentation verbessern möchtest
  • Weil alle das so machen
  • Weil du als Person von deinem Umfeld gerne anders wahrgenommen werden möchtest
  • Weil du wissen möchtest, ob ein Werk von dir die richtigen Sachinhalte vermittelt.
  • ... (und unzählige weitere)

Wenn du dir darüber bewusst bist, was du mit dem Feedback erreichen möchtest, bist du viel besser in der Lage, konkret danach zu fragen. ACHTUNG: Frag bitte nicht (frei nach Beispiel 1) "Ich möchte die Außenwirkung meiner Präsentation verbessern, hast du Feedback für mich." Denn damit beeinflusst du die Wahrnehmung deines Gegenübers noch bevor das Feedback überhaupt entsteht. Eine Frage, die du alternativ stellen könntest, lautet: "Würdest du meine Präsentation anschauen und mir Feedback geben? Besonders interessiert mich, wie die Präsentation als Ganzes auf dich wirkt." Je nach Person, kannst du als Bonus noch tiefer greifen mit: "Ich möchte wissen, welche Gefühle die Präsentation bei dir auslöst."

Der Unterschied zwischen den beiden Herangehensweisen ist, dass die zweite Variante keine Wertung deinerseits ("ich möchte verbessern" impliziert "ist nicht gut") und konkrete Anhaltspunkte zum Feedbackgeben beinhaltet ("hast du Feedback?" vs. "Wie wirkt es auf dich?" vs. "Was fühlst du dabei?")

Daher ist Regel 1 fürs Feedback-Nehmen: Frage nach Feedback so konkret wie möglich und gib dabei keine Wertung vorweg!

Feedback verstehen (und aufschreiben)

Wenn du Feedback bekommst, hör gut zu und probiere es – wenn möglich – aufzuschreiben. Mach dir selbst klar, ob du alles verstanden hast, bevor du bittest beim nächsten Punkt fortzufahren. Nicht alles Feedback steckt in den gesagten Worten. Stell dir vor, du hast eine flammende Rede gehalten und bekommst das Feedback: "Ich habe überhaupt nicht verstanden, worum es dir geht." Was erstmal als vernichtende Wertung daherkommt sieht je nach Kontext vielleicht ganz anders aus. Dass eine Person überhaupt nichts verstanden hat ist untypisch (vorausgesetzt es ist nicht in einer unbekannten Fremd- oder Fachsprache kommuniziert worden). In der Regel sind absolute Rückmeldungen ("immer", "gar/überhaupt nicht", "nie", "alles") ein Symptom eines ganz bestimmten Punktes ab dem dein Gegenüber abgeschaltet hat oder sich in seiner eigenen Meinungsfindung verloren hat, sodass dir keine Aufmerksamkeit mehr galt. Für solche Feedbacks lohnt es sich nachzufragen: "Was ist der letzte Inhalt den du erinnerst / der dich emotional abgeholt hat [bevor ich dich verloren/abgehängt habe]?" oder "Du erinnerst dich an meine Vorstellung? Wie ging der Vortrag / die Rede danach für dich weiter? Was hast du erlebt?"
Diese Nachfragen haben zwei Ziele. Erstens möchtest du besser verstehen und vor allem konkreter verstehen, was dieser Person (nicht) gefallen hat. Zweitens vermittelst du, wenn du auf der emotionalen Ebene fragst, der Person, dass es kein richtig und kein falsch gibt, weil sie über ihr eigenes Erlebtes sprechen soll.

Ein paar weitere Beispiele:

Feedback Rückfragen
Die Bilder haben mich aggressiv gemacht 1. Welche Bilder genau?
2. Was heißt für dich aggressiv?
3. Wie hat dir die Aggressivität geholfen oder dich gehindert dem Thema zu folgen?
Du hast immer so rumgefuchtelt 1. Welche Geste (ggfs. vormachen) meinst du?
2. Inwiefern hat das Gefuchtel dein Erlebnis verändert?
Du hast so schöne Vortragsfolien 1. Was macht die Folien in deinen Augen schön gegenüber anderen Vorträgen die du kennst?

Und viele denkbare Fragen mehr. Das Muster ist hoffentlich klargeworden. Da Feedback geben durchaus anstrengend sein kann, empfehle ich dir außerdem nicht mehr Rückfragen zu stellen als nötig, um deinem Gegenüber keine Zeit oder Energie zu klauen. Daraus abgeleitet, lautet Regel 2:

Hör aufmerksam zu und stelle so viele Rückfragen wie nötig, um das Feedback zu konkretisieren, damit du dein Ziel erreichst. Stelle allerdings nur so viele Fragen wie du für nötig erachtest, um das Feedback als verstanden zu bewerten.

Richtig Reagieren

Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich Negativbeispiele in diesem Post erwähnen möchte. Und ich habe mich letztlich dafür entschieden, weil sich hier sehr viele Menschen auch in meinem direkten Umfeld wiederentdecken.

Wenn du ab heute Feedback bekommst, möchte ich, dass du dir immer einen kleinen Schulter-Plantprogrammer vorstellst, der in den folgenden Situationen "Das ist verboten!" ruft:

Der wohl häufigste Fall in meinem Umfeld gestaltet sich wie folgt. Alice sagt zu Bob: "Mensch, deine Hilfe in dem Projekt vor allen Dingen, dass du so spontan eingesprungen bist, hat uns den Hintern gerettet." Bob antwortet: "Das ist doch selbstverständlich." Ich habe früher genauso reagiert, weil das ja voll höflich ist, sich bescheiden zu zeigen bla bla. Was es aber tatsächlich bewirkt, ist dem Gegenüber das Gefühl zu geben, das Feedback (oder in diesem Fall sogar Kompliment) wäre unangebracht. Die einzigen beiden erlaubten Antworten sind: "Danke." und "Gerne." Wenn du jetzt das dringende Bedürfnis hast Bescheidenheit zu zeigen, bin ich der letzte der dich davon abhält. Ich bitte dich nur, es nicht in Form einer Entwertung des Feedbacks zu tun. Stattdessen beginne mit "Danke / Gerne, das war in erster Linie möglich, weil die Dynamik zwischen uns so gut funktioniert" oder "Gerne, das funktioniert so gut, weil ich mich in einer solchen Situation auch immer auf Hilfe verlassen kann." oder ganz generisch "Danke. Es bedeutet mir sehr viel, dass ich helfen konnte."

Der zweithäufigste Fall ist wieder Feedback zu Vorträgen/Texten/etc. Bob gibt Feedback zu Alices Text: "Ich fand es total komisch woher der Charakter an der Stelle plötzlich das Wissen nimmt, wie man durch null teilt." Alice sagt: "Nein, nein, das hast du falsch verstanden, es ging doch gar nicht um das Teilen, sondern darum, dass der Charakter sich nicht an irgendwelche Regeln hält." (Und glaubt mir, das ist die Kurzfassung, ich habe schon deutlich längere Erklär-/Rechtfertigungsreden als Antwort auf Feedback gehört) Bob wird Alice (wenn das jedes Mal passiert) kein Feedback mehr geben. Mindestens nicht mehr über Punkte die er nicht verstanden hat, weil er befürchten muss wieder als dumm dargestellt zu werden. Die ideale Antwort auf dieses Feedback ist: "Danke." Und ich weiß wie schwer das am Anfang ist, nicht ins diskutieren zu rutschen. Daher möchte ich dir einen Tipp für die Übergangszeit mitgeben, den du dir bitte so schnell wie möglich wieder abgewöhnst: Involviere die Person in die Lösung. In diesem Beispiel könnte das so aussehen: "Danke. Eigentlich wollte ich in der Szene etwas ganz anderes sagen, nämlich, dass es nicht immer gut ist sich an Regeln zu halten und so. Hast du spontan eine Idee, welcher Vergleich dir geholfen hätte das deutlicher rauszulesen?" Und falls nicht, muss das auch positiv assoziiert werden, also empfehle ich nach kurzer Wartezeit ohne Antwort einen Nachsatz wie "Ich werde noch mal in Ruhe Alternativen suchen. Darf ich dich dann dazu nochmal ansprechen/anschreiben, wenn ich Alternativen habe?" Hier passieren so viele Dinge auf der Kommunikationsebene, dass das ohne weiteres 4-5 Bücher füllen könnte. Die wichtigsten in stark verkürzter Form:
- Wertschätzung der Person, die Feedback gibt.
- Kommunikation über die Bedeutsamkeit des Feedbacks
- Soziale Zugehörigkeit (->Ich möchte dich nochmal fragen)
- Vertraulichkeit (->Ich verrate dir was ich mir eigentlich gedacht habe)

Situation 3 finde ich persönlich die amüsanteste. Feedback das zum Provozieren ausgesprochen wird, kann auch ganz leicht entschärft werden. Stell dir vor, jemand sagt zu dir: "Du hast den Farbfilm vergessen. Es versaut mir den ganzen Urlaub, dass ich keine schönen Bilder machen kann." und alles in dir will antworten: "Du kannst doch ungeachtet des Films keine schönen Bilder machen." oder "Wir sind ja auch hier um uns zu entspannen, nicht um Bilder zu machen."
Dass das nur eskalieren kann, ist offensichtlich. Was aber, wenn stattdessen die Antwort "Danke" (an dieser Stelle bitte nicht "gerne" verwenden) oder "Danke, dass du so offen bist." , ist? Es durchbricht die Erwartungshaltung, dass eine Rechtfertigung oder ein Gegenangriff kommen und entschärft die gesamte Situation.

Jetzt sind wir zurück am Start des Post, wo es heißt:

"Nach Feedback sagst du danke und hältst dann die Klappe." Aber ganz so simpel ist es nicht.

Ich hoffe nach diesem Abschnitt kommt es schon nicht mehr so absolut und plump herüber. Am Ende ist die Regel genau das, ich wollte nur dringend vorher mit dir die Nuancen und Ausnahmen besprechen. Mit diesem Kontext ist also die Regel:

Regel 3: Sag "danke", sag "gerne" oder halt die Klappe!

Bisherige Antwort Antwort ab heute
Das ist doch selbstverständlich Danke
Nicht der Rede wert Danke
Das war ich eigentlich nicht selber Danke
Jetzt werd nicht frech Danke
Das ist aber unhöflich Danke
Ich meinte das anders,... Danke
Hätte jeder so gemacht Danke
Konnte ich nicht wissen Danke
Ich hab in einem Blogpost gelesen, ich soll jetzt danke antworten, würde dich aber lieber anschreien Danke

Feedback annehmen

Bevor ich es vergesse die allerwichtigste Regel von allen. Solange du aufrichtig dankbar bist, dass Menschen dir Feedback geben, entsteht auch kein Zwang jedes Feedback umzusetzen. Du kennst von allen am besten die Zielsetzung deines Projekts und musst anhand des Feedbacks entscheiden, ob du diese Zielsetzung erreichst oder welches Feedback dir dabei hilft. Diskutiere das NIEMALS mit den Menschen die dir Feedback geben, es ist deine persönliche und vertrauliche Entscheidung. Wenn du es mit jemandem besprechen möchtest, suche eine dritte Person, die kein Feedback gegeben hat.

Regel 4: Du entscheidest, welches Feedback du umsetzt und welches nicht.

Zusammenfassung

Wenn dir ein Mensch Feedback gibt, kostet das Nerven, Mühe und Zeit. Probiere also aufrichtig dankbar zu sein und deinem Gegenüber dieses Gefühl auch zu vermitteln. Die Folge wird sein, dass man dir gerne Feedback gibt, weil du dich positiv von der Masse abhebst. Und dadurch kannst du dich irgendwann auch darauf verlassen, dass das Feedback ehrlich ist und nicht vorgeschoben, um Konflikt zu meiden.

TL;DR

Regel 1: Frage nach Feedback so konkret wie möglich und gib dabei keine Wertung vorweg!
Regel 2: Höre aufmerksam zu und stelle so viele Rückfragen wie nötig. Erlaubt sind Rückfragen, die den Inhalt konkretisieren. Versuche so wenig Rückfragen wie möglich zu verwenden.
Regel 3: Sag "danke", sag "gerne" oder halt die Klappe!
Regel 4: Du entscheidest, welches Feedback du umsetzt und welches nicht.